Das Finale

6.Dez.2012 von

Oh, mein Gott, Franky hat alle Wachteleier gefressen ….. Lola putzt sich gerade ihr Fell vom verzehrten Kabeljau Filet und im Hintergrund dröhnt der Song „Chaos“ von Nino´s neuem Album ….. schweißgebadet erwache ich aus meinem Albtraum und finde beide Täter friedlich schnurrend neben mir im Bett. Die ersten Gedanken befassen sich sofort mit Liste 1 bis 3, wie eine Gedächtnisübung beginne ich die Liste im Geiste durchzugehen, Null Fehler! Ich beherrsche sie von A wie Aperitiv bis Z wie Zugabe und springe aus dem Bett.

Bei meinem Mokka Frühstück liegen die Kochhefte und Barbara von Melle neben mir und ich plane den Tag. Zu meiner größten Freude hab ich für den heutigen Abend einen Assistenten bestellt: mein Sohn Dani wird mein Souchef sein! Auch das stellt ein Experiment für mich dar, weil ich am liebsten alleine in der Küche werke. Bevor ich jedoch in der Küche werken darf, soll ich noch fröhlich an die Siebdruckmaschine eilen …..

Die Affirmation zum Tage lautet: ich hab alle Zeit der Welt!!!!!!!

Die monotone Arbeit an einer Siebdruckmaschine hat Meditationscharakter. Aus unerfindlichen Gründen hab ich seit Jahren den selben Siebdruck-Ohrwurm: Piaf – La vie en rose! Dieser fügt sich nun perfekt ein in das geistige Rezitieren meiner Listen. Hab ich schon erwähnt, daß ich seit gestern Abend eine zusätzliche Liste erstellt habe: Liste der bereits vorbereiteten Speisen.

Ich hab alle Zeit der Welt! Während mein Kollege die nächste Arbeit an der Maschine einstellt, renne ich in die Küche und bereite rasch einen Germteig zu für das Brot. Während ich weiter drucke, hat der Teig auch alle Zeit der Welt, um ordentlich aufzugehen.

Ab sofort hab ich folgenden Arbeitsrhythmus: halbe Stunde drucken, viertel Stunde Zwischenzeit! Die Druckarbeit geht leicht von der Hand, weil ich total abgelenkt bin von Siebdruckfarbdämpfen, Edith Piaf und neuerdings Johannes Heesters – keine Ahnung, wie der sich in mein zermartertes Gehirn geschlichen hat? Ich kenne auch den Song nicht, kann nur die Melodie summen und weiß, es ist ein Can-Can. Schrecklich! Sofort zwinge ich mich, an meine Listen zu denken und rezitiere den Menüplan.

Farbe rosa fertig gedruckt! Ich besuche den Germteig und stelle zufrieden fest, er ist um´s Doppelte gewachsen. Ich schlage ihn kräftig durch und gestatte ihm noch eine Runde zu rasten. Runter ins Büro, Mails checken, Facebook stalken und ganz wichtig: an meiner Geschichte weiterschreiben!  Seit einiger Zeit bemerke ich, daß meine kreativste Schreibzeit Montag bis Freitag 8.00 bis 16.00 Uhr liegt. Das ist irgendwie ein bissl unpraktisch, so ich zu dieser Zeit täglich an der Maschine stehe. Kaum raucht der Kollege sich eine Zigarette an, um fünf Minuten zu pausieren, rase ich acht Stufen rauf und schreibe, wie die Wilde ein paar Sätze nieder, die mir inmitten von Lösungsmitteldunst, monotonem Maschinentakt, Edith Piaf oder Heesters in den Sinn kommen. Es funktioniert super! Es fließt förmlich aus mir heraus! Es fließt, es fließt ….. genau bis Freitag, 16.00 Uhr. Dann erfahre ich ein abruptes Ende meines Schreibflusses. Das Wochenende steht vor der Tür, ich hab „alle Zeit der Welt“ mir ist fad, mir ist langweilig, aber: ich kann KEINEN EINZIGEN SATZ SCHREIBEN! Montag, 8.00 Uhr Früh gehts wieder los ….. Sorry, ich schweife ab, das ist eine andere Geschichte, die ich euch ein anderes Mal erzählen werde!

Wir drucken altrosa. In der halben Stunde fallen mir unzählige Schreibepisoden ein und ich muss mich fast knebeln, daß ich in der nächsten Pause nicht ausschließlich Zeit damit verbringe, alles aufzuschreiben! Nein! Das Haus ist dreckig von oben bis unten – ich muss putzen! In fünfzehn Minuten schaffe ich hysterisch keuchend das ganze Haus zu saugen, bis ich unten schon wieder die Maschine höre.

Wir drucken lila. Automatisch verbindet sich mein Geist mit der Monotonie der Maschine … tatam, tatam, tatam, la vie en rose, tatam, vitello tonnato, tatam, tatam, entenbrust, tatam, tatam …. Pause!  Ich stürme ins Büro: Mails, facebook, zehn Sätze schreiben, um dann in gestoppten 11 Minuten das gesamte Haus aufzuwaschen! Und das Haus ist groß! Der Germteig auch! Ich gestehe, ich hab´s nicht so mit putzen, aber in einem vor Dreck strotzenden Haus ein Gourmetdinner einzunehmen, das kommt auch nicht besonders gut. Jedoch beschließe ich, daß es sich hiermit gleich um meinen Weihnachtsputz handelt!

Wir drucken grün. Tatam, tatam, tatam, ich hab alle Zeit der Welt! Tatam, tatam, ich kann eine leichte Ermüdung erkennen, denk mir gleich: da ich alle Zeit der Welt habe, werd ich mich vor dem Dinner noch eine Stunde hinlegen! Tatam! Endlich, alles gedruckt für heute, ich bringe den Kollegen samt Köter zu seinem Stammwirtshaus, tatam! Renne noch schnell bei Billa rein, um Brot zu kaufen und Blumen, ich brauche Blumen für die Deko! Sie haben ur häßliche, also kaufe ich keine!

Endlich daheim! Nun kann ich mich voller Freude, Liebe und Konzentration meinem liebsten Hobby widmen: dem Kochen! Die folgenden drei Stunden würden sehr gut als Stummfilm fungieren, schwarz/weiß in doppelter Geschwindigkeit mit instrumentaler Begleitung könnte man folgendes sehen: Oliven hacken-getrocknete Paradeiser hacken-in den Garten laufen-Rosmarin pflücken-zurück in die Küche-Rosmarin hacken-Germteil teilen-Brote formen-vier Stück-zwei Oliven/Rosmarin-zwei Paradeis/Rosmarin-aufs Backblech-in den Ofen-nochmals gehen lassen-Wachteleier füllen-Lachs fein hacken-Schalotten schneiden-Tartar machen-Kabeljau teilen-Pfefferkörner mörsern-Fenchel schneiden-lagern-Kartoffel schälen-kleinwürfelig schneiden-lagern-kleine Schüsseln vorbereiten mit: gehacktem Schnittlauch- Kapern-Limettenscheiben-Minzeblätter-Senfsauce-Entenbrust vorbereiten-Knödelmasse-Rotkraut-alle benötigten Teller herrichten-Schüssel-Tisch decken-Blumenschmuck (Günther hat liebenswerterweise weiße Rosen besorgt!)-Brot backen

Ich hab alle Zeit der Welt! Kann mich jedoch nicht mehr niederlegen, das geht sich nicht mehr aus! Die Gäste werden bald eintrudeln und wie ich hoffe, auch mein Souchef. Im Garten noch alle Laternen mit Kerzen bestückt und angezündet, schenk ich mir mal ein Achterl Wein ein zur Belohnung!

Assistent Dani und ich ergänzen uns perfekt in der Küche und sind überglücklich, daß das Menü super gelungen ist und, wie wir meinen, herrlich geschmeckt hat! Bis zum nächsten Mal und vielen Dank!

Für Interessierte hier der Menüplan:

* Frizzante  * Oliven-u.Paradeisbrot, Kapern-Zitronenbutter, Sardellenbutter, Chilibutter *russ. Wachteleier, Lachstartar, Senfsauce *französische Zwiebelsuppe, Toast  * Vitello Tonnato * Pfefferkabeljau, Fenchelgemüse, Knusprige Kartoffelwürfel * Aperolsorbet * Entenbrust, Rotkraut, Knödel * Mohnparfait, Schokomousse, Beerengratin, Zitrusfrüchtesalat * Himbeerschnaps?? Was ist denn das????? 🙂

 

 

 

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