Der Baum

7.Dez.2014 von

Unserem Künstlersohn ist es zu verdanken, dass seit vielen, vielen Jahren auf meiner vorweihnachtlichen to-do-list folgender Punkt nicht mehr vorhanden ist: Christbaum kaufen!

Seit frühester Kindheit ist er anglophil orientiert und bestand vehement auf einen Kunstbaum mit Kunstlicht.

Soweit ich mich erinnere, löste dieses Anliegen heftige Familiendiskussionen aus: ich war erstmal entsetzt! Ich, die ich jedes Jahr liebevoll Christbaumkerzen aus Bienenwachsplatten wuzelte, die so wunderbar dufteten und genau einmal, nämlich am Heiligen Abend angezündet wurden und dann nie mehr wieder, wegen Brandgefahr. Ich, die ich jedes Jahr ein anderes Christbaum Motto ausrief von: Bauernstyle, Rot, Blau-Silber, Rot-Grün, Weiß. Ich, die ich jedes Jahr zusätzlich zum anderen, ganz normalen, Vorweihnachtswahnsinn loszog, einen Baum suchte, der garantiert nicht in das Kreuz daheim passte, wo der Mann fluchte und der Haussegen wegen solcher Kleinigkeiten leicht ins Wanken geriet.

Ich also wurde vom Rest der Familie beruhigt und vom Mann losgeschickt mit folgenden Worten: „Schau, heutzutage sehen die Kunstbäume aus, wie echte Bäume. Kauf halt einen für dieses Jahr, nächstes Jahr können wir ja wieder einen echten besorgen!“ Das war 1995. 🙂

Er ruht im selben, kleinen Abstellraum, wie die anderen Adventsachen, bestehend aus zwei Teilen und dem Kreuz, das man mühelos zusammenstecken kann. Jedes Jahr in der Adventzeit sehen wir uns an, der Mann und ich und fragen: „Heuer einen echten Baum?“ Die Antwort lautet seit 1995: „Wozu, eigentlich? Nur damit die Freunde uns nicht mehr mitleidig belächeln, wenn sie ihn wieder sehen und den überaus lustigen Scherz dazu loslassen: „Der ist aber schön gleichmässig gewachsen, und wie der duftet ….!“ Unsere Kinder und wir lieben ihn, wie eh und je, hat er doch schon so vieles gesehen und ertragen: gesehen hat er mehrere, verschiedene Onkel zur dazugehörigen Tante, einer davon, Grieche, hat ihn sogar beherzt gelöscht, als er Feuer fing mit den Sternspritzern (soviel zu: Kunstbäume brennen nicht) er sah auch mehrere, verschiedende Schwieger-Freundinnen, heuer wird es eine Brandneue sein, er sah noch den lieben Heri, der Weihnachten zwar liebte, aber fast verzweifelt gestresst war von dem Fest, das man ihn kaum aushielt, er sieht glücklicherweise immer noch die Mimi, lustig und fidel, wenn sie ein Achterl intus hat, er erlebte diverse Katzen, die versuchten, ihn zu entern und er hört sich seit Jahren geduldig unsere Gesangseinlage an.

Im heurigen Jahr also werden wir ihn wieder liebevoll schmücken. Nix Motto. Nix Gschisti-Gschasti. Er ist unser Familienmitglied geworden. Mit all seinen Kratzern und Wehwehchen, die auch wir im Laufe der Jahre angesammelt haben, bekommt er die schönsten, kunterbunten, Sammelsurien der letzten Jahrzehnte umgehängt: Holzfigürchen, die wir selber bemalt haben mit den Kindern, Glasvogerl von der Oma noch, Ikea-Plastik-Kugeln in silber, weiß und gold, seit letztem Jahr sogar einen edlen Glastropfen vom Lederleitner und ganz wichtig: die elektrischen Kerzen! Im Moment gibt es keine kleinen Kinder in unserem näheren Umfeld, deshalb schmücken wir ihn oft schon zwei Tage vor dem Fest, ist das nicht auch in England Brauch?

Am Heiligen Nachmittag darf er dann schon glänzen und leuchten, wenn wir gemütlich zwei Flascherl Sekt kippen mit Tante und Onkel aus Niederösterreich, die traditionell am Heimweg aus der Stadt bei uns einkehren. Er leuchtet den neugierigen Katzentieren, die um ihn herumschleichen. Er glänzt für mich, wenn ich hektisch in der Küche werke, bis alles so ist, wie es immer ist.

Und dann ist es endlich so weit …… aber das ist die nächste Geschichte! 🙂

 

 

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