Eine sehr lange Woche …

1.Mai.2016 von

Beschwingt und fröhlich singend verlassen wir die Stadthalle mit Wanda Songs in Blut und Hirn. „Tu mir Weh ….“ damals wusste ich noch nicht, dass der Text bald irgendwie auch mit mir zu tun haben könnte. Nur die Luzia war´s halt nicht 🙂 Wie immer am Heimweg von der großen Stadt ruf ich den Mann an, um ihm zu berichten, was alles los war. Sozusagen die Kurzfassung. „Oh, das freut mich, dass es euch gut gefallen hat! Du, ein bisschen mach ich mir Sorgen, weil der Franky noch nicht heimgekommen ist …?“ „Was? Oh mein Gott, wo kann er nur sein …?“

Der schon oft beschriebene Kater Frank, unser geliebter, alter, erfahrener Mitbewohner war noch nie länger, als eine Nacht mal weg. Warum auch? Er wird verwöhnt von Früh bis spät mit allem, was sein Herz begehrt und lebt mit seiner kleinen, hektischen Schwester Lola und uns in trauter Harmonie. Er wird schon kommen. Aber seltsam ist es schon …..

Der Samstag ist voll von Hektik, Erledigungen, Arbeit und unzähligen „Franky!!!!“ rufen im Garten. Er kommt nicht. Zur Sorge um den Kater mischt sich auch ein wenig Sorge um den Erstgeborenen Sohn samt Freundin, die auf einer kleinen, phillippinischen Insel kein Lebenszeichen von sich geben. An sich auch nichts Besonderes, in diesem Falle aber ungewöhnlich, da es sich um einen sehr kommunikativen Sohn handelt. „Weißt du eine genaue Adresse wo die beiden hingefahren sind? Hast du eine Telefonnummer von Mike, dem phillippinischen Freund vor Ort?“ fragt der Mann mit strengem Blick! Ups, mir fällt auf, ich weiß gar nichts! „Den Namen der Insel hab ich mir schon gemerkt: Marinduque, glaub ich …“ sag ich kleinlaut und hab sofort ein schlechtes Gewissen, welch schlechte Mutter ich bin. Andererseits, als Mutter musst du doch spüren, ob dein Kind in Gefahr ist, überlege ich messerscharf und fühle kurz in mich hinein: Nix! Kein schlechtes Gefühl in mir …. der Sohn reist in der ganzen Welt herum. Wahrscheinlich hat er nur kein Netz??

Der Sonntag beginnt mit einer ausgedehnten Katersuche am Teich. Jeden Strauch, jeden Busch dreh ich um und rufe und rufe … Ein netter, älterer Hundebesitzer erklärt mir: „Geh, der kummt scho wieda! De Kota gengan gern strawanzen ….!“ NEIN, der Franky ist aber kein Strawanzer! Er war noch nie strawanzen, wieso soll er es plötzlich tun? Das einzig positive an diesem Tag war ein SMS vom verschollenen Weltenbummler, dass es ihnen wunderbar geht und alles ok ist! Sofort wird die Familiendevise ausgegeben: kein Wort zu Dani vom Verschwinden des Katers! Abends kommt Nino zum traditionellen Familien Wahlessen. Auch er ist sehr beunruhigt. Alles in allem ein schwarzer Sonntag mit dem Wahl- und Katerdesaster. 🙁

Am Montag heule ich schon von der Früh weg und beschließe, zum Eibl Doc zu fahren, um mit ihm die Lage zu besprechen. Er meint, die Krankheiten, die der alte Katermann hat, sind keine, an denen man einsam und verlassen irgendwo versteckt zu sterben gedenkt, denn das lasen wir in mehreren Geschichten im Netz unter: „Kater verschwunden“ Eibl Doc meinte auch: „So a Bledsinn, der ist doch kein Elefant …!“ Auf meine Frage, ob es sein kann, dass er ausgewandert ist, weil der Erzfeind daneben eingezogen ist, meint er auch, dass es unüblich wäre in seinem Alter.

Ich fahre zum Tierquartier und deponiere dort meine Suchmeldung und dann beginne ich zu telefonieren: Tierspital, Tierschutzhaus, Tierärzte, Herr Mahler, der Gärtner in der Siedlung, ich passe den Postler ab, ich rede mit allen Strassenkehrern im Umfeld, schließlich rufe ich auch die Tierkörperverwertung an: NIX! NIX! NIX!

„Solange man ihn nicht tot auffindet, solange hoffen wir“ diesen Satz sollen wir noch sehr häufig verwenden. Unsere herzallerliebste Lisi Praktikantin hat zusätzlich zu ihrer Kellerarbeit auch die Aufgabe uns abwechselnd zu trösten. Ich suche ein gutes Franky Foto und wir drucken Suchplakate: „Wir suchen unseren Kater Franky! Finderlohn!“ und gleich darauf ist die Siedlung damit bepflastert.

Auch der Dienstag bringt keine Erfolge. Mittlerweilen weiß anscheinend die ganze Siedlung von Flunkys Verschwinden. Die Straßenkehrer, Postler, Nachbarn, sogar die Billakassierinnen fragen mich, ob er schon aufgetaucht ist. Ich fahre mit dem Radl und untersuche alle Baustellen in der Umgebung, ob er vielleicht irgendwo reingefallen ist? Am Abend sitzen wir wieder heulend und suchen im Internet nach Erfolgsgeschichten von vermissten Katern …

Der Mittwoch ist der 5. Frankylose Tag und ich beschließe noch eine Großoffensive: ich werfe jedem Nachbarn einen Zettel rein, mit der Bitte, in den Kellern, Garagen, Gartenhäuschen nachzusehen, ob ein Kater eingesperrt sei? Natürlich arbeite ich, wie jeden Tag die Telefonliste ab … bis zur Tierkörperverwertung …. um wieder zu erfahren, es sei kein Kater mit unserer Beschreibung gefunden worden. Der Nachbar, dem seit kurzer Zeit der Feind Kater Carlo zugelaufen ist, behauptet, er habe ein ganz leises Miauen gehört im Garten, worauf ich voller Hoffnung mit ihm gemeinsam jeden Stein auf seinem Grundstück umgedreht habe …. ohne Erfolg!

Das Haus steht still irgendwie. Wir verrichten unsere Arbeit halbherzig, traurig, freudlos, manchmal unterbrochen von einem kurzen Heulkrampf. Ich schreibe unzählige whatsapp Nachrichten an alle Leute, die sich liebevoll nach uns und dem Kater erkundigen. Sogar Freunde, die mit Katzen nicht wirklich was am Hut haben, sind traurig, weil sie wissen, was der Franzerl für uns bedeutet. Immer wieder überlegen wir, was denn passiert sein kann und kommen auf keine Lösung …. selbst wenn er schwer verletzt wäre, würde er sich doch heimschleppen?? „Entführung“ war auch auf der Möglichkeitsliste aufgetaucht, aber wer bitte entführt einen 15 Jahre alten Kater?? Die Katze Lola war die ganze Zeit über sehr relaxed, wie der Mann gut beobachtete: „irgendwie hab ich den Eindruck, sie weiß mehr … sie wirkt überhaupt nicht traurig?“ Meine liebste Freundin Khava ruft mich aufgeregt an, dass ihre Schulfreundin im Garten in Ottakring eine Katze sah, die aussieht wie Franky ….?

Freitag: 7. Tag ohne Franky. Heulend schreibe ich im Schwesternchat, das ich mich nun langsam mit dem Gedanken vertraut machen muss, ihn nie mehr wieder zu sehen … nie mehr mit ihm „Hand in Hand“ heia zu machen – er versteht das Wort „heia machen“ 🙂 Es tut so weh! Vorallem der Gedanke, dass er hilflos irgendwo leidet, oder andere Schauderdinge. Wenn er tot ist, und man sieht, dass er tot ist, kann man sich besser damit abfinden, als wenn du niemals erfahren wirst, wie und wo er sein Leben beendet hat.

Resigniert und traurig geh ich im Haus herum, als ich plötzlich ein sehr vertrautes, ur lautes Miauen vor der Schiebetür wahrnehme …. Ich glaube ich halluziniere!!!!! Ich reiß die Tür auf und der Kater zischt brüllend an mir vorbei und schreit und schreit …. ich glaub, ich schnapp gleich über, renne schluchzend in den Keller: „Er ist da!!!!!! Er ist wieder da!!!!!“ hysterisch weinend renne ich seinem Heulen nach und finde ihn unter Nino´s Bett versteckt. Der Mann und Lisi kommen aufgeregt aus dem Keller und alle warten gespannt, wie er langsam aus seinem Versteck kommt. Er sieht gut aus! Vorsichtig und tränenüberströmt taste ich ihn ab … dünn ist er. Sehr dünn. Er schreit und schreit, läuft zu allen Wasserstellen im Haus und trinkt so viel wie noch nie in seinem Leben. Doch eingesperrt?? So wie er aussieht, war er sicher nicht im Freien …? Viel zu sauber! 🙂

Ich lasse ihn kurz beruhigen, dann fahr ich sofort mit ihm zum Eibl doc auf eine kleine Untersuchung. Alles ok, meint er! Kleines aufbauendes Spritzerl und eine Mini-Infusion und: „redet mit ihm ein ernstes Wort, das versteht er, das braucht er nie mehr wieder zu machen mit euch!!“ 🙂

Überglücklich radl ich die Siedlung ab, sammel alle Flunky Plakate wieder ein, rufe alle Stellen an, die ich eine Woche lang narrisch gemacht habe, falle Lisi und dem Mann euphorisch um den Hals und kann nicht mehr aufhören zu lachen!!! Unzählige Nachrichten sind zu schreiben. Im Nachhinen erfahre ich von einem Ritual, das Natali´s Mama für den Kater machte und meinte: er ist am Weg nach Hause!! Danke! Danke euch allen für eure guten Wünsche! Die Nacht war so schön mit dem Franky Pfötchen in der Hand!

Bleibt nur noch die Frage: WO WARST DU, KATER FRANK?????

 

 

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