lazy sunday

25.Mrz.2013 von

Ausgesprochen kalt für Ende März und deshalb Null schlechtes Gewissen, wenn ich erst um 9 Uhr früh meine Glieder recke und mit Schwung einen doppelten Salto aus dem katzenwarmen Bett mache. Das Sonntagsritual ist das gleiche wie auch unter der Woche, nur ungefähr zwei Stunden später: Kaffeemaschine an, FM4 an, PC an. Beim ersten Mokka dann: Informationsritual! Vorbei sind die Zeiten der Sonntags-Zeitungs-Klau-Aktionen, was da drinnen steht, hab ich schon beim gestrigen Samstagsmorgenritual inhaliert!

Als völlig desinteressierter und oberflächlicher Mensch lese ich in der ORF Seite hauptsächlich die Überschriften und headlines. (Politische und wirtschaftliche Infos beziehe ich ausschließlich von der ZIB2.)  Ab und zu klicke ich sozusagen „tiefer“, um eine story genauer zu lesen. Zum Beispiel, wenn irgendwo auf der Welt ein spektakulärer Kunstraub über die Bühen ging, bei dem die Täter mit einem millionenschweren Gemälde unerkannt aus dem Museum entkommen konnten. Ja, ich gebe zu, ich empfinde größten Respekt mit Kunstdieben! Es dauert also nicht allzulange und ich lande beim zweiten Mokka im facebook, die komplett unwichtigen, verzichtbaren, aber dennoch lustigen Infos meiner Umwelt lesend.

Sonntage, an denen man keine allzugroßen Pläne hat, fühlen sich teils angenehm, teils erschreckend an. Zu welcher der beiden Kategorien dieser Sonntag zählt, wird sich noch zeigen. Ich habe nichts vor, außer ….. daß die Tante kommt. Sport ist bei diesen Temperaturen wohl möglich, aber vom Schweinehund nicht erwünscht, also gehe ich gleich unter die Dusche. Im warmen, angenehmen Wasserstrahl visualisiere ich das Innere meines Kühlschranks und überlege, womit ich wohl Mutter und ihre „kleine“ Schwester kulinarisch überraschen könnte?

Das Visualisierungsbild gibt erschreckend wenig her und als ich schließlich sauber und duftend in den weit geöffneten Kühlschrank starre, springt mir ein leicht überwuzelter Krautschädl, sowie ein Packerl Grammeln ins Auge. Na gut, dann eben ein Winteressen, obwohl es laut Kalender schon längst Frühling sein sollte. Im richtigen Frühling würd ich nie und nimmer Grammelknödel mit Kraut kochen.

Mein Gott! Was hast du schon wieder für schlechtes timing, diskutiere ich grantig mit mir selber und hole genervt die Duschhaube aus dem Badezimmer. Zwiebel zu rösten und anschließend nicht die Haare zu waschen, geht also wirklich nicht! So werkel ich also in der Küche, komplett angezogen mit Duschhaube am Kopf, röste Zwiebel, schneide Kraut, röste Kraut, hacke Grammeln, presse Knoblauch, würze, rühre, koche, singe, erkläre dem erstaunten Mann zwischendurch, warum ich so aussehe, wie ich grad aussehe und mir nix, dir nix ist das Menü fertig! Ein hübsch gedeckter Tisch, taraaaahhhh! Die old sisters können antanzen!

Gegen jede Vernunft und Gewohnheit esse ich meinetwegen ein Mittagessen exakt um 12.00 Uhr, bestehend aus: Nudelsuppe, Grammelknödel mit süssem Kraut. Wir essen, quatschen, ein Achterl Wein für die ladies, ich werde überschwänglich gelobt für mein herrliches Mahl, dennoch: ich werde nervös. Ja, es ist unfair, aber ich ertappe mich selber dabei, daß ich alle zehn Minuten nachsehe, wie spät es denn ist ….? Um 4 Uhr Nachmittag sind wir bei einer flotten Party zum 80er von Franz eingeladen. Franz ist der Vater meiner „ältesten“ Freundin Momo. Ich liebe ihn und seine Frau Hermine, sie sind das liebenswerteste, cleverste Pärchen dieses Alters, das ich kenne!

Die Gesprächsthemen am Mittagstisch verebben, vielleicht sind sie müde? Verstohlen schau ich ständig auf die Uhr, wie soll ich die beiden wohl bis zum Nachmittag unterhalten? „Den Seinen gibt´s der Herr im Schlaf“ – mir am sonntäglichen Mittagstisch: ich hole den laptop, platziere mich zwischen die sisters und nun kann es losgehen! Facebook sei Dank!!!

„Also, seht mal her ….. das ist der kleine Sohn von …. hier die Fotos von Australien…. Nicaragua …. Stoffsalon …. Rettenegg ….. Enkelkinder …. “ sie kreischen vergnügt mit roten Backen vom Wein und vom facebook, fasziniert von der virtuellen Welt, fragen sie nach allen möglichen Leuten, Kindern, Enkelkindern die wir fachgerecht stalken können. Wir suchen im WIKI den Artikel über Napoleon, finden im google earth die Insel St. Helena, sie sehen sich Nino´s Musikvideos an und im Nu sind 2 Stunden vergangen!Rundum glücklich erklärt Mimi noch mit einem tiefen Seufzer der andächtig lauschenden Tante: „Weißt du, es ist so schade, früher hatte ich auch in MEINEM Internet daheim dieses WIKI, aber jetzt gibt es das leider bei mir nicht mehr ….“

Ich schicke die beiden noch auf eine kleine Rast nachhause: “ Legt euch ein wenig nieder, damit ihr fit für die Party seid. Vorher drehen wir noch eine kleine Runde am Ostermarkt!“

Es ist so arschkalt, daß wir die kurze Strecke zum Ostermarkt mit dem Auto fahren. Der eisige Wind treibt mir die Tränen aus den Augen, dennoch marschieren wir wacker, den fadesten aller jemals besuchten Ostermarkt ab. Die bibbernde Tante untergeharkt – beide verzichteten aus unerfindlichen Gründen auf Handschuhe – höre ich mich selber wie in Trance rezitieren: „Ja, das ist doch herrlich, daß wir jetzt noch an der frischen Luft sind, Bewegung machen, da schmeckt die Geburtstagsjause doppelt so gut …!“ Eifrig nicken beide und ich wiederhole das Gesagte nochmals eine Spur eindringlicher. Mutter erzählt ihrer jüngeren Schwester, wie herrlich dieser Park erst im Sommer sei, was er alles zu bieten hat und daß sie sich den unbedingt im Sommer mal ansehen muss! „Aber wir waren doch letzten Sommer gemeinsam hier ….“ meint die Tante wahrheitsgemäß. „Schau, hier gibt es dann einen mexikanischen Garten, einen Bauerngarten, …. wirklich, du MUSST DIR DAS MAL IM SOMMER ANSEHEN!!!!“ „Aber ich hab ja eh …..“Ich beschleunige den Schritt, zerre die beiden Erfrorenen mit mir mit. Geschafft, das Auto in Sicht! Auf gehts zur Party!!!!

Fröhliches Stimmengewirr empfängt uns bereits. Ein paar Freunde sind schon hier. Franz der Jubilar, strahlt glücklich und zufrieden! Ich hab mir ein besonderes Geschenk für ihn ausgedacht. „Alte Meister“ ein comic novel von Thomas Bernhards Komödie mit gleichem Titel. Franz ist nahezu der einzige, mich umgebende Mensch, der Thomas Bernhard ebenso schätzt wie ich. Wir stossen an, singen, quatschen, essen …. die Tante, zum ersten Mal zu Besuch in diesem Haus wird liebevoll aufgenommen.

Mutter ist in ihrem Element, ihre Tischnachbarin, die sie soeben kennenlernte ist so wie sie Sternzeichen Stier und ich merke aus dem Augenwinkel heraus, daß Mutter sich nicht nur sehr wohl fühlt, sondern, daß sie voller Enthusiasmus beginnt mit Händen und Füssen zu gestikulieren. Im allgemeinen Partytrubel verliert sie zwar ein wenig die Übersicht, fragt ihre Tischnachbarin, ob Franz denn ihr Vater sei (obwohl sie seit Jahrzehnten weiß, daß Franz der Vater meiner Freundin ist), entdeckt kichernd, daß sie ihr Oberteil verkehrt herum anhat (Anmerkung: das Innere nach außen – auch ich habe die Nähte nicht gesehen) und läßt schließlich aufhorchen mit der Bemerkung: „Jetzt spielen wir alle ein Theaterstück und jeder hat eine andere Rolle …..“   Ähm, ja …..?

Mit halbem Ohr höre ich, wie die Tante den aufmerksam Lauschenden von ihrer lange unerkannten Krankheit erzählt, wie es ihr ergangen ist ….. diskret mische ich mich ein und erkläre auf die gestellte Frage, wie diese Krankheit denn zu behandeln sei: „Es gibt hier nur die Möglichkeit, eine Langzeit-Antibiotika-Kur zu machen!“ „Na geh! Schade, warum haben die das nicht mit mir versucht …..?“ die Tante sieht mich fast verzweifelt an …. „Tantchen, du hast im Krankenhaus wochenlang diese Kur bekommen ….. Deshalb geht es dir ja wieder so gut!“

Wir verabschieden uns, es war ein wunderschöner, ereignisreicher Sonntag ….. langsam und sanft gleitet das Auto über die Autobahn Richtung Schwechat ……

 

 

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