Von Buddhas und Mönchen

7.Okt.2014 von

Für den zweiten Tag haben wir uns einiges vorgenommen. Nach dem Frühstück und dem obligatorischen Morgenschnaps (Zillertaler Wurzelbrand zwecks Desinfektion)  fahren wir nach Lantau, Hongkongs größter Insel. UBahn fahren ist unkompliziert und überraschenderweise, außer zu den Stoßzeiten, überhaupt nicht stressig. (Kleingeld und kleine Scheine sind nötig für den Ticket Automaten)

Da ich angenehmerweise eine Reiseleiterin habe und mich, wie schon erwähnt, seit Menschengedenken nicht selber um alles kümmern muss, genieße ich diesen paradiesischen Zustand und lasse mich gerne führen. Einziger Nachteil: ich hab keine Ahnung mehr, wie wir eigentlich nach Lantau gelangten ….. UBahn ja, aber wie hieß die Einstiegstation? Ling Zhi? Nein, das sind die Reishipilze, die ich derzeit einnehme …. Ausstiegstation? Egal, wir landeten, wo wir landen wollten: bei einer Seilbahn. Tirolerischer gehts ja wohl nicht mehr. 🙂 Ich dachte, ich seh nicht richtig: eine Seilbahn gondelt sanft von Hügel zu Hügel, über´s Meer zu einem Plateau mit Namen: Ngong Ping. Schon von Weitem sieht man ihn: den Riesenbuddha, den größten Freiluft-Bronzebuddha der Welt mit über 30 Meter Höhe. Auf der „Bergstation“ Restaurants, Geschäfte, Touristen ohne Ende. Unendlich viele Stufen führen zu ihm, der da sitzt und mir freundlich zuwinkt. Die Aussicht vom Buddha in die Landschaft ist wunderschön! Vis a vis vom Riesen, die weitläufige Klosteranlage Po-Lin, in der wir ein vegetarisches Menü einnehmen. Bis auf die Suppe, die mich an Abwaschwasser erinnerte, war das Essen gut und wir probierten uns durch all die servierten Speisen.

Unser nächstes Reiseziel war ein Strand (Cheung Sha) auf Lantau, wo wir eine kleine Rast einlegten. Schwimmen im südchinesischen Meer!! Klingt aufregend, war es aber nicht. Das Wasser hatte gefühlte 35 Grad und war nicht gerade sauber. Trotzdem angenehm, ein wenig in der Sonne zu liegen und die müden Beine zu lagern.

MaiLin packte abermals ihr Oxford Englisch aus und fragte freundlich den Taxifahrer, mit dem wir wieder zurückfuhren: „Would you be so kind and take us to the Ladymarket?“ er lächelte ebenfalls und verstand kein einziges Wort. ZilDo, unsere Zillertaler Amazone, rief energisch vom Rücksitz aus: „Shopping! Now!Go!“ er aber erklärte uns mit Händen und Füssen, dass er nicht durch den Tunnel fahren kann, darf, oder will und uns bei der UBahn aussteigen läßt. Durstig und müde beschließen wir, anstatt zu shoppen, lieber auf ein Bier zu gehen und versumpern in einem netten Lokal bei ein paar Gläschen „Kirin-Bier“. Schließlich sind wir heute Abend wieder zum Dinner eingeladen von Mr. Li und wollen schon vorbauen, falls es wieder Austern zu essen gibt.:-)

Leicht angeheitert wollen wir die UBahn nehmen, kratzen alles Kleingeld zusammen um Tickets zu kaufen, schaffen es jedoch grad mal auf zwei Fahrscheine. „Zwei müssen schwarzfahren!“ bestimmt die Reiseleiterin und wir quetschen uns – immer zwei und zwei zusammen – kichernd durch das Drehkreuz. Wir vier vereinbaren, dass wir heute Abend ganz sicher das Essen bezahlen und Mr. Li dazu einladen. (Ist ja peinlich, dass immer nur er ….)

Die Idee war, dass wir gemeinsam irgendwo in der Stadt in ein nettes Freiluftlokal gehen, wo auch Livemusik gespielt wird, doch das Wetter macht uns einen Strich durch die Rechnung: es schüttet wie wild.

Mr. Li hat sofort einen neuen Plan: wir speisen im Hotel, Restaurant „Unkai“ ein Japaner, bei dem man an einer langen Bar sitzt, Auge in Auge mit dem Koch, der vor dir die Speisen auf einer riesigen Grillplatte zubereitet. Schon nach kurzer Zeit sind wir in dem winzigen Lokal die einzigen Gäste und werden sozusagen von unserem Privatkoch verwöhnt ….. zwischen Sashimi, Riesenlangusten, Jakobsmuscheln, Steak, Gänseleber, gebratener Reis, Gemüse, Hummersuppe, Tee, Sake, Bier, Wein und schließlich der Nachspeise Vanille- und Green Tea Icecream, rennt der „Schmäh“ wie am Schnürchen. Wir haben wiedermal unseren Alkpegel problemlos erreicht und ich komme gar nicht nach, mit dem notieren (hab überall meinen Schreibblock dabei und werde misstrauisch vom Bergvolk beäugt, was ich denn da alles aufschreibe).

MaiLin. Uns verbindet eine fast magische Freundschaft. Vor 27 Jahren haben wir uns kennengelernt, ganz selten getroffen und wenn, dann ist es, als wären wir Schwestern. Wir ticken in der selben Geschwindigkeit :-). Sie ist zuständig für buddhistische Tempel, englische Kommunikation und natürlich verdient sie den größten, aller Orden für die Bekanntschaft mit Mr. Li, und für die Tatsache, dass sie uns an diesem Veteranentreffen teilhaben läßt!

ZilDo, die strenge, aber gerechte Reisechefin, übernimmt nicht nur die Tagesorganisation, sondern übermittelt uns wertvolle, heimatkundige Eindrücke ihres Zillertaler Ursprungs, wie …. „Da ollerkloanschte Bromberger“, „Von die Zwoi, die wos ausdazogn san, um rechna z´lerna“ oder der Sommerfrische-Schwank „Fickt´s ma heit koa Apfele oba …?“ sind nur einige, wenige Witze, die sie absolut bühnenreif zum Besten geben kann.

SanLi, altersmäßig das Küken der Runde, ist einerseits verantwortlich für Schönheit, Stil und Eleganz, andererseits für großartige Sprüche nach Mitternacht, begleitet mit einem tiefen, lauten Lachen, etwa so: boooooooaaaaaah, bei dem sie ihre goldblonde Mähne in den Nacken wirft. „Streß? Des kenn i nita, i kenn nur Straß“ boooooaaaaah, „I bin brutal sche und brutal g´scheit!“ booooaaaaah, „Olle netten Menschen megn mi, de, wos mi nit megn, san bes, neidig, oda schirch!“ booooaaaaah …. Ich liebe sie, wenn sie trinkt!! 🙂

Mr. Li. Wie schon erwähnt, ein Tiroler, der auszog, die Welt zu erobern, was ihm auch blendend gelang! Er ist jedoch nicht nur höchst erfolgreich, in dem was er tut, sondern ein humorvoller, gscheiter, unkomplizierter, großartiger Mensch, der nun sichtlich riesige Freude daran hat, drei Landsleute um sich zu haben (i bin jo lei a weanarin) wo aner bleder daher red, ois da ondere ….. 🙂

Zum Abschluß dieses feudalen Dinners, überlegen wir noch rasch, ob die Gänseleber von einem armen, gestopften Tier kam, ZilDo brachte es wiedermal messerscharf auf den Punkt: „De Leba woa scho do, befur i kemman bin“ zerstreute damit unsere Bedenken und erzählte zum Abschluß noch den Zillertaler Witz von der Frau „de wos an Orsch, wia a Haflinger hot …“

Mr. Li erlaubte es uns nicht, die Rechnung zu übernehmen (Puh!) und eilte davon, weil er noch die Fähre nach Macao ewischen wollte. Mädls, die Nacht ist noch jung? Wos tamma denn nu? Zuerst mal eine Verdauungszigarette auf den Stufen zum Hoteleingang. Das Rauchen in Hongkong ist wie in vielen anderen Städten schwierig. Indoor fast gar nicht möglich, Outdoor, ganz wenig …. also hocken wir, wie auch schon am Vortag auf den Stufen zum 5* Hotel und quatschen und pofeln …. ZilDo, wie immer alles im Blick erzählt uns, dass sie genau sah, was Mr. Li bezahlt hat in der Oysterbar und auch jetzt beim Japaner. Da mussten wir uns gleich noch eine anzünden …. Sie jedoch zerstreute sofort unsere Bedenken, mit den Worten: „Jo mei, tuats eich nix au, a Witz vo mir kost scho an Hunderter und lei gessen homma jo a a bissl wos …“

Plötzlich taucht aus dem Nichts ein buddhistischer Mönch in oranger Kutte auf und kommt geradewegs auf mich zu. Sein Blick: reine Liebe!Er murmelt ein Gebet und legt mir sanft seine Hand auf die Stirn. Ich bin so ergriffen, dass mir die Tränen kommen: er hat MICH erkannt!? Mein wahres ICH hinter der weltlichen Hülle (3/4 Jean und Ruderleiberl). Ich kann es kaum fassen, dass mir solch eine Gnade zuteil wird! Er schenkt mir ein Armband, das ich zitternd entgegennehme ….. Als er dann für das Ketterl 200 HKD verlangt, werd ich echt böse „Schleich dich, falscher Mönch!“

Wir flüchten vor dem Mönch ins nächste Taxi, das uns zum Nightmarket bringt. Da geht die Post ab! Bis Mitternacht bummeln wir durch den Markt und kaufen unendlich viele, unnütze Dinge. Gott sei Dank mit ZilDo´s Unterstützung, die verhandeln kann, als gäbe es kein Morgen! 🙂 (Hat sie das im Zillertal gelernt …?)

 

 

 

 

 

 

 

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