Die heiligen vier Steirermädel

7.Jan.2018 von

Man schläft so wunderbar, oben im Stock, die knarrende Hendlstiege im eiskalten Vorraum rauf. Das Zimmer leicht überschlagen mithilfe des Elektroofens, die warme Flanelldecke wärmt rasch, nur die Nasenspitze bleibt ein wenig kalt. Die Überwindung, um 5.30 Uhr in die Eiseskälte raus, aufs feudale Plumpsklo zu laufen, schafft man nur, mit der Aussicht, nochmal nach zu schlafen im vorgewärmten Flanellbett.

Die Hähne krähen hier Gott sei Dank etwas später, um 9.00 scheint herrlich die Sonne ins Zimmer. Alles ruhig im Haus. Die Kinderschar schläft tief und fest. Nicht mal durch das Klappern mit den Ofentüren werden sie wach. Asche raus, Zeitungskugeln, Späne, Holzscheite, ich haste von der Stube in die Küche und retour, so lange, bis beide Feuer selbstbewusst lodern.

Eine kurze, mutige Anti Aging Gesichtswäsche im klirrendkalten Wassertrog vorm Haus belebt die Sinne und lässt einen davon träumen, dass sich anschließend 1000 Falten wie durch Zauberhand geglättet haben. Eine letzte Feuerkontrolle, dann marschiere ich ins Dorf, um frisches Gebäck zu holen. Mit vier, fast pubertierenden Kindern, plus zwei steirischen Nachbarskindern hat man einen gewaltigen Essensverbrauch. Schon von daheim nehme ich die wichtigsten Zutaten für ein herrliches Frühstück mit: Butter, Marmelade, Nutella, Käse, Liptauer, Putenschinken für die muslimische Fraktion, Schweineschinken für mich selber, Pasteten, Honig, Obst, Gemüse, hier kaufe ich nur noch frisches Gebäck.

Bei strahlendem Sonnenschein in der Schneelandschaft spaziere ich zurück und höre beim Betreten des wunderschönen, alten Bauernhauses das fröhliche Plappern der Kinder. Lenny kommt mir ganz aufgeregt entgegen: „Die Könige!“ schreit er. Ich kann ihm nicht ganz folgen. „Diese Hl. drei Könige“ ruft er nochmal und sieht mich mit riesen Augen an. „Ach ja, stimmt! Waren sie hier? Habt ihr sie reingelassen?“ „Nein, ich wusste nicht, wie man mit ihnen kommuniziert! Ich hab ja noch nie mit solchen Königen geredet!“ meinte Lenny. Khava, noch etwas verschlafen: „Hä? Welche Könige? Was bedeutet das?“ Lenny hält uns einen Kurzvortrag über die Geschichte und Bedeutung der Hl. drei Könige und unsere steirische Freundin Lena, hat es sehr eilig, aus ihrem Pyjama zu kommen, denn bei der Delegation der Könige handelt es sich um: „Oftn, meine Freindinnan, aus da Schul. Die kenn i oftn eh olle!“

Die muslimische Knabenabteilung scheint noch zu schlafen, oder lauscht an der Schlafzimmertüre unseren aufgeregten Diskussionen. Die Aufregung wächst von Minute zu Minute, wo sind sie? Kommen sie überhaupt zu uns? In Wien versteck ich mich immer, wenn sie läuten, weil ich zu faul bin in der Kälte zu stehen und ihnen zuzuhören, denk ich schuldbewusst, doch hier starren wir alle aus den kleinen Fenstern und als ich sehe, wie sie aus dem Nachbarhaus kommen, reiß ich das Fenster auf und rufe: „Kommt bitte auch zu uns rein!!“

Da stehen sie nun, in perfekter Ausrüstung, wundervoll verkleidet, drei Königinnen und eine Sternenträgerin, singen ein Liedchen und tragen vor, dass sie in diesem Jahr eine Bildungseinrichtung in Nicaragua unterstützen! Stimmt! Die sammeln ja Spenden für ein Projekt, fällt mir grad noch ein, was ich natürlich, als keiner Religion Zugehöriger, schon wieder vergessen habe …. die Diskussion im Vorfeld war nämlich: „Oh, mein Gott! Ich hab nur einen 20er! Das ist viel zu viel für die Pfaffen!“ 🙂

Also wirft Khava selbstbewusst die 20;- in die Spendenbox für Nicaragua und freut sich darauf, alles ihrer Frau Professor zu erzählen, die schon öfter in Nicaragua Hilfsprojekte getätigt hat.  „Buben, ihr habt was versäumt!“ erzählen wir den beiden verschlafenen Teenagern, die sich nun aus dem Schlafgemach wagen und nach einem wundervollen, üppigen Frühstück und vielen Diskussionen über Götter im speziellen und der Welt im Allgemeinen, eilen alle Kinder zum Rodelberg und ich sitze nun hier, satt, zufrieden und ganz alleine am großen Jogltisch, schreibe diese Geschichte auf, damit wir sie nicht vergessen, gell? Irgendwann in 20 Jahren lese ich sie euch wieder vor, meine Lieben! 🙂

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