Kurztrip nach Paris

15.Okt.2012 von

Ding dong! „ …. Fehr geehrte Paffagiere! Wir begrüffen fie fehr herzflich an Board unferer fly NIKI Mafine auf dem Flug nach Parif! Wir wünfen ihnen eine angenehme Reife und einen fönen Aufenthalt in Parif! Die Auffentemperatur in der Ftadt der Liebe beträgt minuf fieben Grad …“

 

Unwillkürlich kam ihr der Gedanke, dass es der österreichischen Fluglinie sehr hoch anzurechnen sei, Menschen mit so gravierenden Sprachfehlern nicht nur anzustellen, sondern sie – höchstwahrscheinlich aus therapeutischen oder Heilungsaspekten – so viel wie nur möglich sprechen zu lassen.

 

Natürlich wusste sie, dass es mehr als kindlich ist, Menschen mit Sprachfehlern zu verlachen, aber es passte irgendwie ganz gut dazu, sozusagen als Auftakt dieses Minicitytrips mit Schwester, Nichte und Freundin.

 

Voila Paris! Nous venons!! L´aventure peut commencer!

 

Vom Stil dieser Reise dürfte es sich hierbei um eine Art Pilgerreise handeln. Alles, was sie benötigen und mithaben tragen sie an ihrem Körper: Schwester: dicke, warme Jacke, Winterstiefel, lustige Skihaube, Rucksack und Kameratasche. Nichte: apart geschminkt, jugendlich hübsch und warm gekleidet, Moonboots, Rucksack, Handy immer griffbereit. Freundin: luftig, eleganter Versacemantel, rote Haube, roter Schal. Sie selbst pilgert in knallrot-oranger Jacke, mit mehr oder weniger dazuzpassender roter Skimütze, die prall gefüllte Handtasche wie ein Postbote quer am Körper hängend.

 

Dieses Bild also gaben sie ab! Von nun an wird Paris´ Strassenbild von vier fröhlich kichernden bis schallend lachenden Figuren geprägt sein. Es ändern sich im Laufe der nächsten 48 Stunden maximal ihre Kopfbedeckungen.

 

Würde man von einem Satelliten aus die Kleingruppe verfolgen – und das wäre wahrlich nicht schwierig aufgrund der feuerroten Jacke – ergäbe sich am ersten Tag folgender Kurs:

 

über die alte Holzbrücke zur Notre Dame – kleines Bistro auf chocolat chaud – WC – Hotel de Ville – Centre Pompidou – Les Halles – WC – Eglise Saint Eustache – l´Opera – Galeries Lafayette – WC – Bistro chez Antoine – WC – Metro – Louvre – WC – Les Tuileries – Autobus – Champs Elisees – Ladurreé – WC – (hab ich schon erwähnt, dass die Nichte an leichter Blasenentzündung und die anderen Damen an angeborener Blasenschwäche leiden?) Autobus – Metro, nach 12 km Marsch – endlich in Richtung Nachtquartier!!!

 

Die überaus nette Gastfamilie algerischer Herkunft bewohnt ein kleines Einfamilienhaus im Süden von Paris. Vom Zentrum aus sehr einfach zu erreichen: mit dem RER (in dem es leider kein WC gibt) von der Ile de la cite´ bis zur Station Savigny sur Orge in einem durch!

 

Anscheinend war ihnen diese Beschreibung zu exakt, zu genau, zu einfach, zu langweilig oder möglicherweise zu monoton – anders ist es nämlich nicht zu erklären, dass sie stattdessen 8 Stationen mit dem Autobus von den Champs Elisees zur Opera von dort 17 Stationen mit der Metro irrtümlich (aufgrund eines kommunikationstechnischen Übertragungsfehlers) in Marie d´Ivry ausstiegen.

 

„Ha! Die werden staunen! Wir nehmen uns hier ein Taxi und fahren direkt vor deren Haustüre!“ Vorschlag der Freundin wurde einstimmig angenommen. Zuerst kaufen sie jedoch noch einen hübschen Blumenstrauss für die Gastmutter. Naja, Strauß ist vielleicht nicht das passende Wort für das Blumengeschenk. Während die Verkäuferin die Blume kunstvoll verpackt, fragen sie in flottem französisch, wo denn hier der Taxistand sei. „ Taxi? Ici?“ Die Verkäuferin und eine anwesende Kundin sehen sich fragend an. „Wir wollen nach Orge (Lautschrift: orsch) mit dem Taxi fahren.“ Verständnisloses Kopfschütteln soll bedeuten: viel zu weit, viel zu teuer, komplett verrückt und überhaupt gibt’s hier sowieso keine Taxis. Aber gleich ums Eck fährt der Bus zum RER (natürlich der, mit dem sie direkt aus der city …..), e voila ….

 

Weiter – nun mit einer Blume in der Hand – beobachtet der Satellit wieder die Rotjacken-Viererbande auf ihrem weiteren Pfad der Erkenntnis: 9 Stationen mit dem Bus zum Bahnhof RER und läppische 30 Minuten zum ersehnten Ziel: Savigny sur Orsch wir kommen!!!!!!

 

Letzte Instruktion vom Handy der Gastfamilie aus: der Gastvater wartet in einem grauen Opel mit eingeschaltetem Licht am Parkplatz auf uns. Tres gentile! Merci beaucoup!

 

In Orsch ist es bereits ziemlich dunkel, die vier vermummten Gestalten nähern sich dem grauen, schnittigen Opel und stürzen sich erleichtert auf die Autotüren … mais? Aberr warrum hat Papa sisch eingesperrt in diese Wagen?? Langsam öffnet sich das elektrische Fenster, ein sehr junger, sehr hübscher Mann blickt ängstlich auf die Skihauben Terroreinheit und sein Blick verrät, dass er absolument nicht weiß, was von ihm nun verlangt wird … ?

 

Der fauxpas klärt sich schnell auf:  es gibt noch einen ganz anderen Parkplatz, mit einem ganz anderen grauen Opel, einem ganz anderen Gast-Papa mit ganz, ganz anderem Aussehen!

 

Quel diner! Ein wundervolles Dinner lässt diesen ereignisreichen Tag ausklingen mit Champagner, Couscous e aussi galette du roi!

Beim anschliessenden Bauchtanz im Kreise der Familie bekommen sie nicht nur einen hysterischen Lachkrampf, sondern auch noch einen Vorgeschmack auf einen eventuellen Algerienurlaub.

Bonne nuit! E merci!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!

 

Der Satellit fokussiert am nächsten Tag die Rote Jacke und stellt fest, dass die Truppe Zuwachs bekommen hat: Maman irrt mit ihnen durch alle möglichen Arrondisments von Paris: Trocadero – WC – Tour Eiffel – WC – Metro – Bistro – WC – Metro – Sacre Coeur – Montmartre – Bistro – WC – Metro – Quartier Latin – WC – genug für heute, das waren wieder fast 10 km Fussmarsch ……..

 

Es ist soooo kalt! Ganz langsam geht die Sonne unter und Paris versinkt sanft in die Freitag Abend Dunkelheit. Die Weihnachtsbeleuchtungen in den Strassen leuchten noch mutig weiter und sollen ein wenig an die stille Weihnachtszeit erinnern, von der nun bald nichts mehr zu spüren ist.

Ein letztes Mal tief einatmen. Mit Pariser Luft in den Lungen steigen sie wieder in ihren Flieger, der sie mit einem sanften Lächeln auf den Lippen in ihre Heimat bringt.

 

„Au revoir Paris! Je me reviens bientot!“ J

 

 

 

 

 

 

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