Meine Muse

3.Jul.2016 von

Ich gebe zu, es gibt derzeit eine gewisse Schreibhemmung. Der Grund? Keine Ahnung. Das Leben läuft einfach zu schnell grad. Ich lese Unmengen an Literatur, das ist sowieso gefährlich. Die Gedanken: „So wie xyz werd ich sowieso NIE schreiben können …“ brennen sich dann leichter ins Hirn und wenn sich auch grad noch die Muse kurzfristig auf Urlaub befindet, kommt es zu einer radikalen Schreibverweigerung, bei mir zumindest.

Weil aber heute wiedermal ein Sonntag ist, an dem ich absolut nichts vorhabe, überleg ich seit dem Erwachen, welche Geschichte ich schon länger in meiner imaginären Lade verstecke? Da gibt es einige. Die Geschichte über die Mutter dauert mir heute zu lang …. oder die, über meine musikalische Sozialisierung, viiiieeeel zu lang …. ein Stimmungsbericht aus Hirschstetten, als während des Elferschiessens gestern plötzlich totaler Bildausfall war, wegen Starkregens … ja, wär eh auch lustig gewesen … ich entscheide mich trotzdem anders.

Ich vermute, es wird heute ums „backen“ gehen. Wollt ich auch schon lange schreiben. Auch wenn mich die Muse zum Schreiben verläßt, so hab ich Gott sei Dank immer meine Back-Muse, die mir süsse Küsse schickt. Die Leidenschaft fürs Backen entwickelte ich sehr früh und zum Glück wuchs ich in einem Haushalt auf, in dem ich jederzeit wild drauf los experimentieren durfte. Das ist nicht selbstverständlich. Ich kenne einige Beispiele, wo Kindern nicht erlaubt wird, die penibel saubere Küche zu benutzen. Bei uns war das sogar erwünscht und mein lieber Heri Vati freute sich über jede misslungene Sachertorte genauso, wie in den darauffolgenden Jahrzehnten über unzählige wirklich gelungene Backwaren und Mehlspeisen.

Voriges Jahr, als ich mit der Bahn zu meiner Tiroler Maria fuhr, begann ich ganz spontan eine Liste, aller Mehlspeisen und Backwerken, die ich im Laufe meines Lebens fabrizierte. Das war lustig. Von Attnang Puchheim circa bis Salzburg hatte ich eine Liste in etwa so: Sachertorte, Linzertorte, Trüffeltorte, Schwarzwäler Kirsch, Topfentorte, Weincremetorte, Guglhupf in vielen Varianten: Eierlikör, Rotweinguglhupf, Kaiserguglhupf, Mandlguglhupf, Mohntorte, Apfeltorte, Malakofftorte, Zucchinikuchen+Karottentorte (das war aus meiner Zeit als Pseudovegetarierin) Cremeschnitten, Bananenschnitten, Schaumrollen, Biskuitrouladen, Kardinalschnitten, Patzerlkuchen, Potizen, Nussstrudel, Mohnstrudel, Topfenstrudel, Apfelkuchen, Kirschen-Schoko-Tarte, Bäckereien aller Art, selbstgemachtes Marzipankonfekt, Zimtschnecken, verschiedenste Kipferl, gefüllt, ungefüllt, Brandteigkrapferl, Möslacher Krapferl, Teekuchen, Lebkuchen, Weihnachtsstollen, Muffins, Brownies, Mohr im Hemd, Topfenpalatschinken, Kaiserschmarrn, Millirahmstrudel, süsse Aufläufe, Pofesen, gebackene Mäuse, Germknödel … ganz zu schweigen von den vielen Puddings, Cremen, Parfaits, Mousse, Schneenockerl, Salzburger Nockerl … ich hör schon auf!!!!

Aufgrund dieser Liste, die natürlich nur ein Fragment ist, war mir wiedermal schmerzlich bewusst geworden, dass ich meinen Beruf verfehlt habe 🙂

JA, backen kann ich wirklich! Ich beherrsche alle gängigen Teige im Schlaf. Egal, ob Germ-Rühr-Biskuit-Mürb-Brandteig, alles kein Problem für mich. Backen beruhigt. Backen kann meditativ sein. Einen Germteig zu kneten – ruhen lassen – kneten – ruhen lassen – kneten – ruhen lassen …. schon, wenn ich mir das gerade Geschriebene durchles, werd ich augenblicklich ruhiger.

Seit die Kinder aus dem Haus sind und unsere Haushaltsführung sich hauptsächlich auf zwei Personen beschränkt, gestalten sich auch meine Backaktivitäten ein wenig anders. Die Experimente halten sich in Grenzen (ich liebe es dennoch bei Festen, oder Partys was Neues auszutesten), es wird hauptsächlich „was G´schwindes“ ins Backrohr geschoben.

Der Sommer allerdings, steht seit jeher im Zeichen der Obstblechkuchen mit saisonalen Früchten. Ich stehe hierzu in einem Kompensationsgeschäftsmodell mit meinem schrulligen Lieblingsnachbar L.S. Seinen Garten und seinen Obstanbau kenne ich seit frühester Kindheit, also erkundige ich mich rechtzeitig, ob/wann die Ribisel rot sind, die Marillen süß und die Zwetschken blau. Der Deal ist der: er pflückt – ich backe – wir essen es zu dritt! Witzigerweise ist das Rezept für den Obstblechkuchen aller Obstblechkuchen von seiner Mutter seelig.

Fast eine Stunde sass ich im Garten, rebelte die letzten Ribisel, die ich übern Zaun gereicht bekam, wie immer ein Liedchen auf den Lippen und in Gedanken schon beim herrlichen Genuss … rasch ein Teig gemacht, die Ribisel drauf und die verhängnisvolle Idee, während der Backzeit Mutter´s Computermausproblem zu lösen …. kamen wir zurück, der Mann und ich … das Haus duftet … ein Blick ins Backrohr …. vergiss es! Alles kaputt. Sitzengeblieben. Flach wie eine Palatschinke. Nicht verbrannt, aber absolut unwürdig, ein Obstkuchen genannt zu werden. JA, es war ein wenig zu heiß eingestellt, JA, sowas tut man nicht, während was im Backrohr steht, wegzugehen. JA, ich weiß auch nicht warum … schon der Teig fühlte sich anders an, als sonst … Keine Ahnung, wann ist mir sowas zuletzt passiert??

Ich war richtig zerknirscht und angefressen, noch dazu am Tag der VGH Entscheidung der Wahlwiederholung. „Alles Mist!! Dass sich nun der h.c. aufspielt, als Retter der Demokratie ist zum Speiben, genauso, wie mein Obstkuchen!!!!!“ Ich tu das nie, aber ich tat es: Mistkübel auf und den gesamten Blechinhalt reingekippt. Obenauf ein Foto vom h.c. und dem mit dem wehen Bein ….. 🙂

Der schrullige L.S. fühlte mit mir und stellte mir liebenswürdigerweise am nächsten Tag eine Schüssel mit süssen, weichen Marillen auf den Zaun.

Epilog:

Die Marillen werden geachtelt, sieht viel schöner aus auf dem Blech, denn es soll ein akribisch-schönes Marillenmuster entstehen.

6-8 Eier (da variiere ich, diesmal nahm ich 8) Schnee und schon ca 10 dag Backzucker dazuschlagen von den insgesamt 25 dag. Die Dotter mit dem restlichen Backzucker, 1 Päckchen Vanillezucker, Prise Salz, 1/16 Eierlikör (nach Gefühl, wahrscheinlich eher mehr) alles schaumig rühren. Ich hab eine uralte Bosch Küchenmaschine mit Millionen Arbeitsstunden am Buckel. Sie funktioniert immer noch tadellos!

25 dag Universalmehl zu dem Dotterabtrieb, 1/8 l Öl (Rapsöl, od Pflanzenöl, kein Olivenöl!!!) und 1/8 l Wasser ganz langsam während des Mixens reintröpfeln lassen, bis eine homogene Masse entsteht.

Ganz am Schluss den steifen Schnee mit der Hand (ganz wichtig!!!) mit einem Schneebesen ganz langsam drunterrühren. Den Teig auf ein Backblech (mit Backpapier ausgelegt) und das jeweilige Obst drauf.

Bei ca 160 Grad maximal eine Stunde mit Umluft backen. Die Küche nur im Ausnahmefall verlassen 🙂

Ich schneide den fertigen, noch warmen Obstkuchen in kleine (6x6cm) Stücke und spare nicht mit Staubzucker!

Das Ergebnis: So flaumig, saftig, süss, liebevoll, herzerwärmend, fröhlich, heilend, wie ein Marillenkuchen nur sein kann!!

 

 

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