Topaz – Der „irre“ Luxus-Segelturn

15.Okt.2012 von

Willkommen an Board der „TOPAZ“, Luxussegelyacht in der Adria!

 

Projektziel dieser Reise ist es, eine Versuchsgruppe mit 7 Patienten von diversen Phobien, Süchten, Manien, Ängsten, Neurosen und Psychosen zu befreien. Das Projekt erstreckt sich über 7 Tage und sollte je nach Therapieerfolg beizeiten wiederholt werden.

Das interessante an diesem einmaligen, wissenschaftlichen Projekt ist, daß die Patienten nicht darüber informiert wurden, daß sie hier beobachtet und möglicherweise therapiert werden sollen.

Die Patienten besteigen am Samstag, 18. Juni 2011 das Schiff, diskret beobachtet, analysiert und betreut von mir, sozusagen „undercover“ als wissenschaftliche Projektleiterin der psychologischen Fakultät Wien, die jegliche Wesensart aufzeichnen und das Ergebnis sowohl den Studenten, als auch einschlägigen wissenschaftlichen Fachzeitschriften unterbreiten wird.

Die Patienten befinden sich in halbwegs gutem physischen und psychischen Zustand, sie sind altersmäßig in etwa dieselbe Generation. Das Schiff wird problemlos als vorübergehende Wohnstatt akzeptiert und ich stelle überrascht fest, daß alle Patienten über ein gut ausgeprägtes Organisationstalent verfügen.

Im Folgenden eine kurze Charakterisierung der Patienten:

Christian M., 55 Jahre, Sucht: Alkohol, Essen, Schokobananen Krankheitsbild: Psychose – er glaubt, er ist der Kapitän des Schiffes. Eidetiker

Conny W., 48 Jahre, Sucht: Alkohol, Schokobananen Krankheitsbild: schwerste Form einer Fotografierparanoia

Rudolf S., 56 Jahre, Sucht: Alkohol, Essen, Zigaretten, Schokobananen Krankheitsbild: Psychose – er meint, er sei Druckereibesitzer, Wahnvorstellungen – er muss alles selber machen, Zwangsstörung – geht nie ohne Gürtel außer Haus.

Karin S., 50 Jahre, Sucht: Alkohol, Zigaretten, Schokobananen Krankheitsbild: Verkleidungspsychose – wechselt stündlich ihr Aussehen von bayrischer Fussblattlerin, über Strandnixe bis zur Diva

G. S., 54 Jahre, Sucht: Alkohol, Essen, Schokobananen Krankheitsbild: Phobie – schwerste Form von Arbeitsphobie

Gitti S., 54 Jahre, Sucht: Alkohol, Essen, Schokobananen Krankheitsbild: Unauffälligkeitsneurose – immer mit schwarzen Sonnenbrillen anzutreffen, die anderen Patienten können nie erkennen, ob sie schläft, oder lauscht. Bin mir im Moment noch nicht ganz sicher, ob sie nicht auch undercover tätig ist – aber für wen?

Günther M., 51 Jahre, Sucht: Alkohol, Zigaretten, Essen, Schokobananen, Kopfhörer, Vanille – und Haselnusseis, Krankheitsbild: MDS mit wiederkehrenden Suizidankündigungen, Psychose – er meint sowohl der Schiffsfriseur, als auch der Board Gynäkologe zu sein, Wahnvorstellungen, die mitunter bis zur Paranoia mit Verfolgungswahn führen in Bezug auf Polizei, Zollwache, Kirche, Staat, Finanzamt

Der erste Abend verläuft feuchtfröhlich im Hafen von Vrsar. 8 Flaschen Wein, 1 Flasche Whiskey und diverse andere Alkoholika werden reibungslos und ohne viel herumzumeckern vernichtet.

Die Patienten lernen sich allmählich kennen und freuen sich auf die gemeinsame „Urlaubswoche“.

Ich heuerte an unter dem Vorwand, das Logbuch zu führen und mache mich bereit für eine arbeitsreiche Zeit. Das Los meint es gut mit mir und ich teile mit einem entzückend manisch depressiven die Luxussuite an Board. Gute Nacht erstmals!

Am Sonntag stechen wir in See und der rauhe Wellengang bewirkt, daß es ruhig ist an Board. Außer den Kotzgeräuschen am Heck und den Wellen ist stundenlang nichts zu hören.

Nach mehrstündiger Berg- und Talfahrt ankern wir endlich in einer ruhigen Bucht und der Abend klingt gemütlich, angenehm und fröhlich aus. Keine besonderen wissenschaftlichen Erkenntnisse an diesem Tag. Die Aufgabenverteilung nimmt Formen an.

Montag. Die Patienten sind alle wieder wohlauf und die Gruppendynamik an Board funktioniert aufgrund ähnlicher Süchte und Psychosen immer besser. Nach einem gemeinsamen Frühstück in der Bucht von Veruda steht körperliche Ertüchtigung am Programm. Es kann festgehalten werden, daß durchwegs alle Patienten schwimmen können. Bei zwei männlichen Patienten konnte eine anfängliche Wasserphobie beobachtet werden, die sich jedoch unter dem Gruppenzwang leicht beheben ließ.

Um in der Gruppe nicht weiter aufzufallen, kann ich meine Schwimm- und Wassersprungprofilierungsneurose wunderbar integrieren.

Das Schiff läuft aus und es folgt eine herrliche, ruhige Meeresfahrt mit dem Ziel: Insel Cres! Kleine Appetithäppchen zu fast jeder Stunde beruhigen die Patienten und es kann ein zufriedenes Klima festgestellt werden.

Bei einem kurzen Badestopp auf offener See hatten einige der Patienten plötzlich eine religiös, spirituelle Erscheinung: sie sahen sich erleuchtet mit Heiligenschein im Wasser treiben und freuten sich wie kleine Kinder darüber. Diagnose: schwerste Form der Persönlichkeitsstörung.

Interessanterweise bildet sich innerhalb der Gruppe eine eigene Interessensgemeinschaft unter der Leitung von G. Die Rede ist ständig von einem Seminar. Ich will versuchen nähere Informationen über dieses Seminar zu erhalten.

Die Insel Cres rückt näher und das Therapieschiff „TOPAZ“ wird von über 100 Segelschiffen in den Hafen eskortiert. Ehrlichgesagt weiß ich nicht genau, wer von den Patienten das organisiert hat, aber Hut ab! Gute Leistung! Psychologisch betrachtet hat der dafür Verantwortliche einen leichten Hang zum Größenwahn, aber ich würde sagen, nicht weiter schlimm! Bin gespannt, ob ich im Laufe der Woche noch dahinterkomme, wer von ihnen das vollbracht hat?

Der „sogenannte“ Kapitän schafft es erstaunlicherweise immer wieder, das Schiff in die richtige Position zu bringen und so liegen wir vor der kleinen, romantischen Stadt Cres vor Anker.

Die Landausflüge mit der gesamten Patientengruppe gestaltet sich teilweise äußerst schwierig, da ich sie sanft, aber bestimmt zusammenhalten muss, damit sie nicht gröberen Unfug anstellen.

An diesem Abend gab es jedoch Gott sei Dank nur kleinere psychotische Anfälle von zwei männlichen Patienten. Einer erstand eine höchst kindliche Faschingskappe und meint seither, er sei Popey the Sailor, der andere vermutete plötzlich, vom kroatischen Marktamt zu sein und überprüfte fortan sämtliche Eissalons und natürlich Eissorten anscheinend nach Salmonellen?

Bei einem traumhaften, herrlichen Abendessen hatte ich wirklich den Eindruck, alle wären von ihren Leiden geheilt, naja gut, eine Fotografierparanoia kann man nicht in so kurzer Zeit heilen, das wird schon noch dauern ….

Mit dem Schlauchboot in der Dunkelheit zurück zum Schiff, wo uns noch ein wundervoller Schlummertrunk erwartet. Sie nennen ihn „Robben-Baby-Bären-Bowle“ was immer das auch heißen mag?

 

Dienstag. Sonnenwende, längster Tag des Jahres.

Nach einem feudalen Frühstück legen wir ab von Cres in Richtung Unije. Seltsamerweise ist es wieder einem Patienten gelungen, daß wir von 100en Seegelbooten begleitet wurden, als wir den Hafen verlassen.

Erstes Tagesziel ist die Bucht von Secca. Da wir bisher noch nie Segel gesetzt haben, vermute ich, daß der vermeintliche Kapitän glaubt, auf einem Motorboot zu fahren. In dieser traumhaften Bucht geschah dann etwas sehr Eigenartiges. Die Patienten lockten mich unter einem Vorwand auf eine kleine Insel, auf der unzählige Vögel brüteten. Aufgrund meiner Schwimmprofilierungsneurose war es natürlich ganz einfach für mich, dorthin zu gelangen und so stand ich bald mutterseelenalleine, umringt von 100en kreischenden Vögeln auf dieser Insel, als ich plötzlich zu Tode erschrak:

Sie haben mich durchschaut! Meine Tarnung ist aufgeflogen! Die ganze wissenschaftliche Arbeit der letzten Tage beim Teufel ….. sie wollen mich anscheinend hier aussetzen …. ?

Ich muss so schnell wie möglich wieder an Board, bevor sie ohne mich ablegen ….. ich kämpfte mich zurück gegen die Wellen, die Strömung, spitzen Steinen, nackten, braungebrannten Penissen …. Ängstlich und zugleich neugierig, was mich am Schiff erwarten wird, klettere ich die Leiter hoch ….

Uff, Gott sei Dank – meine Angst war komplett unbegründet. Die Patienten waren fröhlich, glücklich und kreischten vor Lachen über Erdnüsse ….?

Weiter geht die Reise Richtung Unije, wo wir die Nacht in einer Bucht verbringen werden. Mittlerweilen hab ich herausgefunden, daß dieses Seminar darin besteht, die Kunst des Deligierens zu erlernen. Der Seminarleiter G. unterweist die Schüler professionell in dieser Fertigkeit. Ehrlichgesagt verfügt er über phänomenales know how in diesem Bereich, so daß auch ich mich in diesem Kurs einschreiben werde.

Kommt man nach Unije, glaubt man, in der Karibik gelandet zu sein: glasklares Wasser, Fischschwärme, herrliche Landschaft. Da ist es wohl klar, daß alle an Board entspannt und gut gelaunt sind. Ein Patient führt eine ziemlich dicke Lippe, wird von den anderen verspottet, aber ich denke mal, ich greife hier erst ein, wenn die Situation eskaliert, bzw wenn sich eine Suizidgefährdung des Patienten abzeichnet.

Nachdem er aber ein wenig später eine Synchron-Schwimm-Aufführung mit Kapitän und Seminarleiter zum Besten gibt, denke ich, das Problem hat sich von selbst gelöst.

Das gemeinschaftliche Kochen ist Teil der Therapie. Die Aufgabenverteilung funktioniert reibungslos, die Koch-Achterl mit eisgekühltem Weißwein lassen uns fröhlich schnipseln, schneiden, brutzeln, köcheln, lachen und plaudern …… und bald haben wir ein herrliches Dinner serviert. Der längste Tag des Jahres geht langsam zu Ende mit Spaghetti alio oglio, Salat, Brot, Weißwein und zirpenden Grillen!

Von Tag zu Tag habe ich mehr den Eindruck, daß diese Gruppe sich gegenseitig heilt. Das wäre in Fachkreisen eine Weltsensation, mit der ich Berühmtheit erlangen könnte: schwer psychotische Patientengruppe heilt sich selbst in nur einer Woche, ohne jahrelanger, kostspieliger Psychotherapie ….?

Mittwoch. Der Tag beginnt mit einem Sprung ins glasklare Wasser, wo wir gemeinsam mit den Fischen schwimmen.

Irgendjemand muss den Kapitän darauf aufmerksam gemacht haben, daß das Schiff über Segel verfügt und so segeln wir friedlich unserem nächsten Ziel entgegen.

Nach kurzem Stop in Susak geht es weiter zur Insel Ilovic. Die Stimmung in der Gruppe ist weiterhin sehr gut, nur leider hab ich immer öfters den Verdacht, daß meine Mission platzen könnte. Erst heute wieder wurde ich Zeugin eines Gesprächs unter den Patienten, in dem es um Therapie und Therapeuten ging – ich muss verdammt aufpassen!

In der Bucht von Ilovic liegt das Schiff an einer Boje und da sich meine Profilierungsneurose zum Glück nicht nur aufs Wasser, sondern auch aufs Land erstreckt, hab ich rasch eine kleine Gruppe für eine Landexpedition beisammen. Mit den kongenialen Abenteuerpartnern Conny und G. schwimmen wir an Land.

Voller Melancholie gedenke ich meinem lieben Heri, der mich, seit ich klein bin, die Naturbeobachtung lehrte. Wir finden wahre Schätze, lebendig und tot und kehren mit einem beachtlichen Fundsackerl aufs Schiff zurück.

Daß der Kapitän die Länge des Schiffes nicht kennt, verwundert mich nicht im Geringsten. In diesem Falle ist es aber zu unseren Gunsten, weil wir dadurch weniger bezahlen müssen fürs ankern.

Mit dem Wassertaxi von einer kessen Blondine, oder einem kessen Blonden? gelenkt, werden wir abgeholt und in die city gebracht. Ein wundervolles Restaurant erwartet uns und organisiert rasch einen eigenen Tisch für die Meute auf der Terrasse direkt am Meer.

Der Essens Bestellvorgang in der Gruppe gestaltet sich jedoch derart chaotisch und äußerst stimmungsgeladen, sodaß ich kurzerhand beschließe, mir meine bereits gewonnene Urlaubseuphorie nicht von diesen Psychofreaks zerstören zu lassen und mische ihnen unauffällig eine Dosis Psychedelika unter die Fischplatte, die ich aufgrund meiner Fischfiletierprofilierungsneurose in vollkommener Dunkelheit fachmännisch zerlegte!

Uups, daß die Drogen so rasch wirken hätt ich mir nicht träumen lassen….binnen kürzester Zeit wandelt sich die Stimmung ins euphorischste! Es wird nur noch gelacht, gegrölt, gekichert und es beschleicht mich ein leiser Verdacht: war die verabreichte Drogenmenge etwa zu groß?

Die Situation eskaliert nun vollends: Günther M. seit geraumer Zeit in manischer Gemütslage, kippt plötzlich nach dem Verzehr von Miesmuscheln in eine schwere Depression und teilt uns feierlich mit, daß er aufgrund einer akuten Muschelvergiftung nur noch maximal 10 Stunden zu leben hätte. Conny möchte ihm die letzten Stunden so nett wie nur möglich gestalten und zeigt ihm auf ihrem Fotoapparat ein paar Schnappschüsse der letzten Tage. Ich nehme an, so unter dem Motto: sieh mal, wie schön und lustig das Leben sein kann ….. !?

Es war ganz sicher sehr lieb gemeint, nur kann es bei manisch-depressiven Menschen oft falsch aufgefasst werden. Günthers Depression steigert sich ins dramatischste, als er einige nicht so besonders hübsche Fotos von sich sah und sein darauffolgender Suizidversuch wurde von uns mit aller Kraft verhindert! Zwei Runden Schnaps später schwappte die Fotodepression auch auf Rudi S. über und angestachelt von Günthers Deprehänger, wollte auch er nie mehr wieder in seinem Leben solche Fotos von sich sehen und suchte verzweifelt eine rasche und unkomplizierte Methode sich ins Jenseits zu befördern.

Connys schlechtes Gewissen war es zu verdanken, daß die Sache nochmals gut ausging – sie fand auf ihrer Festplatte unter 200.000 Fotos noch ein wirklich ganz besonders hübsches von Günther und Rudi und die Stimmung veränderte sich genauso rasch ins Gegenteil.

Die Patienten liefen in Zweierreihen, Hand in Hand im Hopsalauf zum nächsten Eissalon, denn irgendwann hat Günther M. gelesen, daß man eine Muschelvergiftung auch mit einer Überdosis Vanilleeis neutralisieren kann.

Abgefüllt bis oben und kreischend vor Lachen fährt die Gruppe wieder per Wassertaxi zum Schiff.

Na serwas! Das ist ja nochmals gut gegangen! Mit der heimlichen Drogenverabreichung muss ich in Zukunft besser aufpassen!

 

Donnerstag. Langsam machen wir uns auf die Heimreise. Zu unser aller Freude legen wir wieder in der wunderschönen Karibikbucht an. Eine weitere Schatzsuche wird organisiert und G., Gitti, Conny und ich erkunden das Festland. Weiter geht es nach Cres, wo wir unbedingt nochmal in das herrliche Restaurant „Regatta“ einkehren wollen. Eine wahre Steak Völlerei setzt ein, die Gruppe ist zutiefst zufrieden, glücklich und entspannt – ich bin so froh! Heute muss ich zu keinerlei drastischen Hilfsmitteln greifen!

Wie schon einmal erwähnt, ist es meist sehr schwierig, die Gruppe auf dem Festland ordentlich zusammenzuhalten. Nach dem super Abendessen wollte ich sie ganz sanft und diplomatisch zurück zum Schlauchboot dirigieren, als sie plötzlich wie eine wild gewordene Viehherde ausbrechen und gemeinsam zu einem Palatschinkenstandl rennen. Es war ein regelrechter Überfall, die Verkäuferin hatte alle Hände voll zu tun, damit die Patienten nicht das ganze Standl in Kriegsmanier eroberten. Einer der Gruppe, glaubte auch tatsächlich, die Okkupation sei  gelungen und stieß ein ohrenbetäubendes Triumphalgeschrei aus. Die anwesenden Einheimischen verdrückten sich ängstlich in ihre Häuser.

50 Palatschinken später wurden sie alle sanft und spazierten still und brav weiter – allerdings nur bis zum Uhrengeschäft, wo wieder beinahe die ganze Herde hineintrabte und das Geschäft und den Verkäufer so durcheinanderwirbelte, daß dieser aus reiner Notwehr eine Flasche Jägermeister öffnete!

Mit dem Schlauchboot geht’s zurück in sternenklarer Nacht – liebe TOPAZ wir kommen!

Freitag. Die nächste Depression bahnt sich gleich frühmorgens an: Günther überlebt nur ganz knapp eine Hornissenattacke und vermutet, noch ungefähr 7 Stunden Zeit zu haben, sein Testament zu verfassen. In dieser Situation mache ich allerdings eine sehr interessante Erfahrung. Menschen, die meinen, nicht mehr lange zu leben entwickeln erstaunliche Kreativität und Schaffenskraft.

Die Gruppe wird aktiv und erfinderisch und so entsteht eine beachtliche Geschäftsidee. OB´s für Hornissen sollen produziert und weltweit verkauft werden. Unter dem Slogan „Hornissen sind in der Regel nicht aggressiv“ soll die Hornisse in ihren Menstruationstagen alle ihre sportlichen Ambitionen ungehindert ausüben können.

Das war aber noch nicht alles.

Dem Tode quasi ins Antlitz blickend, hat Günther in selbstloser Art und Weise eine Erfindung offeriert, von der seine Kinder und Kindeskinder nach seinem Dahinscheiden in mittlerweilen nur noch 6 Stunden – ein Leben in Saus und Braus führen können.

Tatatatata! Die Corruda!

Alle Segelbücher der Welt müssen neu verfasst werden! Alle Bauhäuser und Baumärkte dieser Welt brauchen neue Aufkleber, Broschüren, Produktbeschreibungen – die Zunft der Grafiker und Drucker, sie lebe hoch! Hoch! Hoch!

Die Corruda – als Oberbegriff für alle Beschattungsvarianten im Himmel, am Wasser wie auf Erden ist geboren! Keine Ahnung, warum Günther M. sozusagen in letzter Lebens – Sekunde der Name „Corruda“ ins Hirn schoss – bedeutet er doch in der Botanik Wildspargel?

Obwohl die gesamte Gruppe aktiv und euphorisch mitdiskutiert, wie man die Corruda am Weltmarkt positionieren wird, ist dennoch ein kleiner Wermutstropfen spürbar, wahrscheinlich aufgrund der bevorstehenden Meeresbestattungszeremonie des Günther M.

So kommen wir dem Rand der Erdscheibe immer näher und näher und die Patienten vereinbaren, daß Cornelia und ihre eingewachsene Fotokamera als erste über den Rand springt um sodann die herabstürzende TOPAZ samt Inhalt von unten fotagrafieren zu können.

Aber vorher gibt es noch Pofesen J

Der Wind ist großartig, die Segel werden gehisst und ein kleines Nickerchen am Bug ist das höchste der Gefühle. Jedoch plötzlich: ein jähes Erwachen ….. ich träumte eben genüsslich vor mich hin, als das Schiff blitzartig umzukippen drohte. Noch im Halbschlaf erschrak ich: was? Wir sind schon an der Kante? So schnell ging das? Die Badetücher und Pölster flogen davon und ich kann von Glück sagen, daß ich genug Fleisch an den Knochen habe und mich mit aller Entschlossenheit gegen diese Krängung (=Schlagseite) zur Wehr setzte.

Die Mannschaft sah sehr erschrocken aus und wild gestikulierend riefen sie gegen den starken Wind, ich soll zu ihnen nach hinten, also zum Heck nehme ich an, kommen.

Ja klar, jetzt auf einmal. Ich hab natürlich sofort begriffen, daß das ein neuerlicher Anschlag auf meine Person war, aber so leicht lass ich mich nicht unterkriegen. Ich werd mal so tun, als ob ich es nicht bemerkt hätte.

Seltsamerweise hat niemand das Attentat in irgendeiner Art und Weise kommentiert – vielleicht hab ich also doch nochmal Glück gehabt?

Wir ankern in der Bucht von Veruda und Conny und ich schwimmen an Land, um einen Tisch im Campingplatz Restaurant zu reservieren.

Erkenntnis des Tages: es gibt kein Wasser mehr an Board! Einparfumiert wie Ludwig XVl. geht’s per Schlauchboot zum Restaurant. Aufgrund des starken Wind- und Seeganges bleibt der Kapitän am Schiff – schön langsam wird er seiner Rolle richtig gerecht. Nach gutem Abendessen die zweite Erkenntnis des Tages: es gibt kein Benzin mehr im Dingi! Also was bleibt unserem Fährmann anderes übrig – er rudert und flucht und rudert und flucht …. Dritte Erkenntnis des Tages: ein weiterer Attentatsversuch gegen mich! G. vergisst im Restaurant ganz „zufällig“ seinen Pulli, ich spring ins Wasser, um ihn zu holen, bin aber so schnell zurück, daß sie mich nicht abhängen können – ätsch!

Der mittlerweilen gleichzeitig manisch und depressive Günther M. feuert den Fährmann in motivierender Art und Weise an: „na serwas, des is no weit! Du tuast ma so lad! Wir kumman überhaupt net vom Fleck! Wir treiben immer mehr ab!“ etc.

Die Nacht vergeht sehr stürmisch, dennoch schlafe ich tief und fest, als um 7 Uhr 30 jemand forsch an meine Türe klopft. Nachdem mein Traum noch nachwirkte, in dem ich einem Unbekannten beide große Zehen fachmännisch amputierte, dachte ich zuerst, er sei es, um sich nochmals herzlich dafür zu bedanken … ? Nach 2maligem „herein“ tut sich jedoch nichts, ich springe aus dem Bett und eile an Deck.

Na, 3 x darf ich raten: niemand ist es gewesen, keiner hat geklopft, ich hab mir das alles nur eingebildet ….. die wahre Geschichte wird sein, daß sie mich nun psychisch fertigmachen wollen.

Heute jedenfalls endet meine Mission und es wäre von größtem Vorteil, daß ich alles in Ruhe beenden kann, die Berichte verfassen und eine Schlußanalyse an die Fakultät übermitteln kann.

Zum letzten Mal werden die Segel gehisst und es geht Richtung Vrsar.

Die übrigen Vorräte werden mit Genuß verspeist und ich mache mir ein paar Gedanken über den gegenwärtigen Zustand der Patienten.

 

 

 

Hier die Schlussanalyse:

 

Christian M. lebt sich in die Kapitänsrolle derart perfekt ein, daß man meinen könnte er war immer schon Schiffskapitän. Seine Namensverwirrungsneurose hingegen konnte nicht geheilt werden. Nach einer Woche weiß ich zwar schon, daß Sturzl´s Hebamme Frieda die uneheliche Tocher des Schwagers von Susanne der Pudelfriseuse ist, aber bei manchen Namen tu ich mir noch immer sehr schwer …… 😉

Cornelia W. die ausgeprägte Fotografierparanoia konnte nicht ausgeheilt werden, es wurde jedoch eine Verbesserung beobachtet, wonach die Patientin am Ende der Woche nicht mehr jede einzelne Möwe 100.000e Male ablichtete.

Rudi S. seine „ich mache alles selber“ Psychose verwandelte sich im Laufe der Woche aus meiner Sicht in eine „ich kann alles besser und vor allem rudern“ Neurose. Die eingangs erwähnte Zwangsstörung hat sich ebenfalls in eine Angstphobie verwandelt, die unter Fachleuten „Menschen ohne Gürtel haben keinen Charakter“ genannt wird.

Karin S. ihre ursprüngliche Verkleidungspsychose weitete sich im Laufe der Woche aus auf eine „Theater-Vorsprech-Paranoia“. Die letzten Tage vermutete sie offensichtlich, vor einem imaginären Theaterdirektor vorsprechen zu müssen und brillierte in einer ernsten Rolle: die Verzweifelte, Hut ab! Sehr gute Charakterdarstellerin, mir gefällt sie aber im komischen Fach wesentlich besser J

G. Sporr die Arbeitsphobie hat sich im Laufe der Woche leider noch mehr verstärkt. Aus meiner derzeitigen Sicht vermute ich, daß er seinen Optikerberuf an den Nagel hängen und sehr viel mehr Geld verdienen wird mit der Beratung anderer Arbeitsphobiker. Ich traue ihm ohne weiteres zu, seiner Frau zu deligieren ein riesiges Seminarzentrum dafür zu errichten.

Gitti S. Ehrlichgesagt, sie macht mir am meisten Sorgen in dieser Gruppe. Habe bis heute nicht herausgefunden, für wen genau sie arbeitet. Ich bin mir fast 100%ig sicher, daß sie Agentin eines anderen Forschungsinstitutes ist. Ob allerdings die Attentatsversuche alle von ihr alleine geplant waren, oder ob sie Komplizen an Board hatte …… darüber werde ich mir noch länger das Hirn zermartern müssen.

Günther M. Trotz der vielen schrecklichen Nahtoderlebnisse an Board, ging er relativ entspannt vom Schiff. Wahrscheinlich aufgrund der bahnbrechenden Erfindung der Corruda. Die Schiffsfriseur Psychose blieb ungeheilt, die Verfolgungswahn Paranoia von Zollbeamten konnte indes vollends geheilt werden. Na gut, das ist allerdings keine Kunst, nachdem alle Spirituosen sich im Gewebe und in den Gehirnzellen der Gruppe befinden und nicht mehr im Kofferraum seines flotten Lancia.

 

Aus wissenschaftlicher Sicht ist die Versuchsreihe wohl gelungen, es konnte jedoch kein vollständig zufriedenstellendes Ergebnis festgestellt werden. Die psychischen Störungen waren in diesem speziellen Fall doch zu massiv, sodaß die Patienten spätestens in einem Jahr unter irgendeinem fadenscheinigen Vorwand wieder zu einem einwöchigen Trip aufgefordert werden sollten.

 

An den Direktor der Forschungsstelle

Hochachtungsvoll Mag. Ursula Mandl

PS: meine eigenen Profilierungsneurosen konnten ebenfalls in keinster Weise auch nur im geringsten geheilt werden. Ganz im Gegenteil, wurden sie in  nur einer einzigen Woche erheblich verstärkt.

 

Zitate und Gedankensplitter (mit der Bitte um Erweiterung ….) :

WIR geben 100,–

Machen sie eine typisch „royale“ Handbewegung ……

Jö, da ist schon wieder eine Möweninsel!

Krapfen für alle!! (typische Handbewegung)

Puella cantat

Ein Robbenbaby gebären

Freud´sche Versprecher: würdest du mir bitte die Butter reichen?

Frage: hab ich das Wort „brunzen“ tatsächlich verwendet, oder hab ich das nur geträumt?

Corruda versus Bimini

„Wos mochst du mit meiner Frisur?“

Mandl von der Lippe

Lamperl essen

Ein kleines Kapperl aus Stein

 

 

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