„Ungebeten, unbelohnt, singt ein Lied mir die Zukunft zu!“

17.Apr.2017 von

Die Zeit rennt einfach viel zu schnell. Gestern wieder ein neuer Geburtstag, der heut schon wieder alt ist. Gestern auch 10jähriges Sterbedatum vom genialsten Familienoberhaupt Heri. Seit 10 Jahren auch keine neue Georg Danzer Nummer. Seit zwei Monaten kein Blogeintrag. Facebook fragt ständig: warum schreibst du nix? Ja, weil halt nichts außergewöhnliches passiert ist. Oder vielleicht doch? Mal überlegen, was das Jahr so alles gebracht hat bisher.

Als große Überschrift würd ich sagen: sehr zufriedener Lebensabschnitt. Ich bin gesund, es gibt genügend Arbeit, meiner Familie, meinen Freunden gehts wunderbar, der Garten erwacht, in meinem Kopf entstehen schon viele neue Kunstprojekte, nur die Katzen machen bisschen Sorgen.

Die alte Lola Dame hört schon lange nichts mehr, aber leider sieht sie im Moment auch nicht. Sie tastet sich ganz vorsichtig durchs Haus, stösst an jede Mauer, jede Tür und kämpft sich tapfer durch zu ihren Stammplätzen. Der beste Tierdoc ever, meint jedoch: das kriegen wir wieder hin! Der dicke Specki wird auch grad von einem Schnupfen heimgesucht und sieht uns mit fragendem Blick und traurig an: „Wieso riech ich plötzlich nicht, wenn die Fütterung im Gang ist?“ Einzig Chili macht forsch die Gegend unsicher und weist sogar den riesigen Nachbarkater Carlo in seine Schranken!

Apropos Kunstprojekte …

Meine Karriere als Schauspielerin war mir schon als kleines Kind in die Wiege gelegt. Dachte ich jedenfalls.  Oft genug hab ich vorm Spiegel Grimassen geübt und mir in meinen Mädchenträumen oft ausgemalt, wie aufregend mein Theaterleben sein wird, wenn ich erst einmal groß bin. Mit 9 Jahren dauerte mir dann das Warten auf gute Rollen viel zu lange und ich schrieb mir selber die Hauptrolle der „Tante Adele“ im Stück „Als der Bauer Karl das Saufen aufgab!“ Das Fach: Ulknudel, durchgeknallte Frauenrolle sollte mich am meisten begeistern und ich kann nur allen Regisseuren der Welt zurufen: „Nehmt mich!“ Diese Art von Figur kann ich am besten  und authentischsten verkörpern!

Die Jahre und Jahrzehnte vergingen. Es gab viele Rollen, die ich mal besser, mal schlechter auf die Bühne brachte. Zum Glück sehr viele lustige, spassige Stücke. Regie hab ich meist selber geführt und darum war ich auch ganz allein verantwortlich für meine Rollen.

Doch plötzlich, wie aus heiterem Himmel, passiert folgendes ….

„Die Burg kommt über die Donau!“ Stadtrecherchen, wird es auch genannt. Schon letztes Jahr hat meine liebe Freundin Doris mir erzählt, dass so ein Projekt geplant sei, bei dem „dem normalen Volk von Donaustadt und Floridsdorf“  die Möglichkeit geboten wird, sich im Burgtheater künstlerisch auszudrücken. Ende Juni wird es einen Tag der offenen Burg geben, wo die ganze Burg bespielt wird mit Inhalten des altgriechischen Dramas: „Orestie“ von Aischylos. Das Projekt umfasst mindestens 600 Personen, die daran teilnehmen. Es wird gesungen, gespielt, getanzt, gefilmt, gemalt … und weil die Themen des Stückes so vielfältig sind, wie Familie, Liebe, Hass, Mord, Macht, aber auch Demokratie, gibt es unzählige Möglichkeiten, sich daran zu beteiligen.

„Nehmt mich!!“ schrie ich meiner Freundin ins Ohr und in die Welt hinaus, nicht ahnend, dass mein Flehen nach einer Theaterkarriere Jahrzehnte gebraucht hat, um erhört zu werden! Was ich allerdings zu diesem Zeitpunkt nicht wusste, war, die mir zugeteilte Rolle einer „ERINYE“, ich kann nicht mal das Wort schreiben, geschweige denn aussprechen, geschweige denn, mir ihre Sätze merken!

Aber langsam … es gab bisher mehrere Treffen einer bunt gemischten Gruppe von Damen und Herren, die Interesse an diesem Event bekundet haben, beziehungsweise, die ich in meiner unbändigen Euphorie fast zwang, mit mir daran teilzunehmen! Mittlerweile hab ich schon ein paar meiner Freunde erfolgreich dazu überredet, ihre späte Burgtheaterkarriere mit mir gemeinsam anzugehen! Wir alle konnten uns bei den ersten Treffen überhaupt nicht vorstellen, wie der Ablauf werden würde, was wir zu sagen und zu tun hätten und hatten nicht die geringste Ahnung, was wir überhaupt spielen werden. Dass unsere Gruppe eine Schauspielgruppe wird, war uns jedoch witzigerweise gleich sonnenklar! Wir bekamen eine Theaterpädagogin, Johanna, zur Seite gestellt, die alles aus uns herausholt, was wir an verborgenen Talenten seit Jahrzehnten ungenutzt in und mit uns herumschleppen! 🙂

Nun, ein paar Treffen später wissen wir also, dass wir alle gemeinsam den (Sprech)Chor der „Erinyen“ darstellen und mit selbstgebastelten Masken eine atemberaubende Performance im Burgtheater hinlegen werden!

Bleibt nur das kleine Problem: Ich merke mir den Text nicht!!!! Es handelt sich um ca 5 Sätze, die ich mir nicht um´s Verrecken merken kann! Ich werd halb wahnsinnig! Ja, gut, ich hab immerhin die Ausrede, dass es sich um eine Übersetzung des altgriechischen Originaltextes handelt!?

Der Mann meint aber: das ist keine Ausrede! Es sind ganz normale Sätze! Die wirst du dir doch merken? Soll wirklich diese sagenhafte Chance meiner spätberufenen Karriere daran scheitern, dass ich mir fünf deppate Sätze nicht merken kann?? Es ist so gemein! Ich hab euch doch gesagt, ich kann nur lustige, durchgeknallte Frauenrollen verkörpern?? Wieso soll ich jetzt plötzlich eine „ERINYE“ spielen, wo ich nichtmal weiß, was das ist?

OHMMMMMMM! Beruhige Dich! Atme tief in den Bauch und visualisiere den Text:

Warum flattert immerzu diese Angst, die nicht weichen will, ungebeten, unbelohnt, singt ein Lied mir die Zukunft zu. Warum kann ich es nicht aussprechen, warum kann ich es nicht ausspeien. Singt tief in der Brust mein Herz den Trauergesang der Erinys? Keine Hoffnung, keine Zuversicht ist in mir. In meinem Inneren, vollführt mein Herz einen wirbelnden Tanz. Doch ich flehe mit letzter Hoffnung, das alles dies Lüge, hinfällig sei und sich niemals vollende. Jetzt aber dröhnt das Herz und klopft im Dunkel, schmerzgequält und ohne Hoffnung, jemals zur rechten Zeit das Richtige zu erraten.

Morgen, Dienstag gibt es die letzte Chance für euch Donaustädter da draußen, mitzumachen! Ab dann ist unser Ensemble komplett und kann nicht mehr erweitert werden! Beginn: 19.00 Uhr im Kunstnetz, Kagraner Platz! Bitte kommt, es ist so lustig, herzerfrischend, sorgenkillend, entspannend, freudemachend und ihr müsst mir bitte, bitte den Text einsagen!!

 

 

 

 

 

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